Aus der Vereinsgeschichte
Wann das nun war – die genaue Geburtsstunde der Kunstgilde – darüber scheiden sich die Geister. Fest steht, dass 1970 eine handvoll Kunstschaffender die Idee hatte, eine Kunstausstellung mit sozialem Engagement zu organisieren und deren Erlös einem sozialen Zweck zur Verfügung zu stellen. So wurde eine erste gemeinsame Ausstellung in der Stadthalle Donaueschingen vom 17. bis 25. Juli 1971 zu Gunsten der „Aktion Sorgenkind“ veranstaltet.
Die etwa 20 Künstler spendeten je ein Bild für eine Lotterie. Der “Aktion Sorgenkind” konnte ein Erlös von 2778,56 DM übergeben werden, und als Dankeschön kam ein “Mainzelmännchen” vom ZDF an die Künstler zurück. Nach dieser erfolgreichen Aktion entstand der Wunsch, das künstlerische Schaffen mehr in den Mittelpunkt der Donaustadt zu rücken. Die Künstlergruppe richtete sich in einem Schreiben vom 14.12.1971 an den damaligen Bürgermeister Schrempp mit dem Ansinnen, man möge doch für zukünftige Ausstellungen die Donaueschinger Stadthalle zur Verfügung stellen. Dem wurde stattgegeben, und so fanden die jährlichen und zur Tradition Kunstausstellungen der vormals genannten “Kunstgilde Donaueschingen” ihren Weg in die Zukunft.
Von ihrer Gründung an verstand sich die Gruppe als loser Zusammenschluss von Künstlern mit dem Zweck, durch Ausstellungen die Arbeiten der Mitglieder der Öffentlichkeit vorzustellen, den sozialen Kontakt untereinander zu fördern, gemeinsame Unternehmungen zu organisieren und die künstlerische Entwicklung der Mitglieder so weit wie möglich zu unterstützen. Grundvoraussetzung für die Zugehörigkeit war die selbstständige, eigenschöpferische Leistung zur Erreichung eines künstlerischen Niveaus.
Im Frühjahr 1972 stellten erstmals 30 Künstler aus mit 120 Werken und lockten 1050 Besucher in die damals noch so genannte Stadthalle. Zu Beginn des Jahres 1973 hatte die Kunstgilde schon einen Stamm von 40 Mitgliedern. Ein Gremium von zehn Personen leitet und organisiert die geplanten Unternehmungen. Bekannte “Macher” von Anfang an waren Werner Mündel, Umberto Geremia, Jürgen Henckell, Wolfgang Pokorny, Roswitha Merz, Reinhold Moch, Helmut Sabrowski, Kurt Grill und Hans Lang. Dieser war mit seiner Frau Gretel als langerprobtes Duo in den Ämtern der Künstlergilde tätig. Hans Lang war Gründungsmitglied und Vorsitzender von 1983 bis 1994. Gretel Lang war seit 1975 in langjährigen Ämtern als Schriftführerin und Kassenwartin. Sie ist ein Faktotum der Künstlergilde und gilt als wandelndes Archiv.
Kunst und Krisen
Ein Krimiklassiker wurde den Künstlern bereits in den Tagen ihrer jungen Vereinigung beschieden. Einem aus ihren Reihen war die Verwaltung von Kassengeldern so verführerisch, dass er sich gleich mit einer Barschaft von 880 DM an eingenommenen Ausstellungsgebühren auf und davon machte und ward nicht mehr gesehen. Im November 1973 hatte die Ölkrise zugeschlagen und mit dem Sonntagsfahrverbot den „Künschtlern“ ein gemeinsames Hüttenfest vereitelt. Unmut und Turbulenzen gab es auch immer wieder in all den Jahren. So sorgte schon in den frühen Anfängen die Jurierung der auszustellenden Arbeiten oft für heißen Diskussionsstoff. Das strenge Aussortieren eingereichter Arbeiten zu den Ausstellungen gab immer wieder Anlass zu Ärger. Künstler fühlten sich übergangen, benachteiligt, bevormundet, und es kam zu Krächen und Austritten… Aber auch diese prägten die Künstlergilde.
Reges Schaffen von Anfang an…
Seit 1972 finden die traditionellen Jahresausstellungen in der Donauhalle von Donaueschingen statt. Zusätzliche Ausstellungen gab es in Bad Dürrheim, Konstanz, Bad Säckingen, Saverne, Trossingen, ebenso mehrere Sonderausstellungen anlässlich der Donaueschinger Musiktage mit dem Thema „Musik“, Verbindungenb zu Künstlergruppen, vor allem in Blumberg, Hüfingen, Bräunlingen, Kunstsymposium zur 10. Jahresausstellung 1981. Unter anderem demonstriert Hans Lang die von ihm entwickelte Styropor-Druck-Technik. Und Annelies Lauber zeigte die Entstehung ihrer Batik-Objekte. Ihr schriftstellerisches Talent brachten Jürgen Henckell und Peter Heinzelmann mit Lesungen aus eigenen Texten zum Ausdruck. Hermann Simon und Otto Hanisch zeichneten Portraits, Otmar Meyer schnitzte in Holz und Wolfgang Kleiser modellierte in Ton.
Ein Ereignis war auch die Sonderschau zur 1100-Jahr-Feier der Stadt Donaueschingen mit dem Thema „Künstler sehen ihre Stadt“. Emmerich Esterle stellte seine Sandsteinplastik vor, die er der Stadt zum Jubiläum schenkte. Sie hat heute noch ihren Platz in der Karlstraße. Die Belegung der Rathausgalerie wurde ab 1976 von der Stadt in die Regie der Künstlergilde gegeben. Damit haben die Mitglieder eine weitere Ausstellungsplattform für wechselnde Präsentationen während des Jahres.
Soziales Engagement
1977 wurde der 1. Kunstmarkt der Stadt Donaueschingen veranstaltet. Die Künstlergilde gestaltete das Plakat und beteiligt sich mit einer Aktion zugunsten Körperbehinderter. Eine Handvoll Künstler schuf ein Gesamtkunstwerk, das zerteilt und an Besucher in Einzelstücken verkauft wurde. Der Erlös dieser Aktion ging an das Altenheim St. Michael in Donaueschingen.
Bei der Jahresausstellung 1991 zum 20-jährigen Bestehen der Künstlergilde wurden 27 Kunstwerke verlost. Der Losverkaufserlös ging an den Förderverein krebskranker Kinder in Freiburg.
Die Fürstenberg-Brauerei ließ ihre Jahreskalender 1996, 1997 und 1998 von Künstlergilde-Mitgliedern mit Landschaftsbildern der Region gestalten. Der Verkaufserlös der Kalender wurde den Donaueschinger Einrichtungen Amselgruppe und Karl-Wacker-Schule gespendet.
2004 fand ein Kooperationsprojekt „mol emol“ mit der Erich-Kästner-Schule und der Künstlergilde statt. 54 ausgemusterte Stühle aus dem Fundus der Schule wurden in gemeinsamer Aktion „Kinder und Künstler“ geschaffen, bemalt, gestaltet und bei der Jahresausstellung präsentiert. Die Versteigerung während der Finissage wurde ein Publikumserfolg. Für den Erlös konnte die Erich-Kästner-Schule Werkzeuge für ihren neuen Werkraum kaufen. Ein Jahr darauf wurde diese Aktion bei einem Bildungskongress des Innenministeriums in Stuttgart zum Thema „erfolgreiche Schule mit starken Partnern“ vorgestellt und fand viel Beachtung.
2007 gestalteten Kinder im Rahmen der Jahresausstellung Kunstpostkarten. Der Erlös ging an die Jugendkunstschule.
„Kunst im Quadrat“ wurde zum Aktionsthema 2008. Die von den Künstlern gestalteten 20 x 20 – Exponate wurden während der Jahresausstellung verkauft, der Erlös dem Verein Grauzone e.V. Donaueschingen übergeben.
In einem Projekt im Herbst 2010 arbeiteten Künstler in der Karl-Wacker-Schule mit einer Gruppe Jugendlicher mit Behinderung zusammen und wollten die Erfahrung machen, wie künstlerisches Schaffen von Menschen mit einem Handicap wahrgenommen, gefühlt, gesehen und zum Ausdruck gebracht wird. Es entstanden großformatige Malgründe mit oft intuitiven Farbverläufen, aber auch sehr dynamische Symbolbilder. Die Kunstwerke schmücken heute die Schulräume.
Zur Ausstellung 1990 wurde ein zukunftsweisender Beschluss gefasst, auch Gastaussteller mit in die Reihen aufzunehmen. Mit dieser Entscheidung erfolgte eine wohltuende Öffnung nach außen hin. Die Gilde präsentiert inzwischen überregionale Kunst und Künstler, die den Ausstellungen eine Vielschichtigkeit verleihen.
2008 wurde die Künstlergilde unter Vorsitz von Horst Ehrmann zu einem eingetragenen Verein.
2009 war ein Jahr der besonderen Herausforderungen für das neu gewählte Vorstandsteam. Noch unerfahren in der Ausstellungsorganisation wehte ihnen ein sprichwörtlich frischer Wind um die Nasen. Im Zwiegespräch mit Betonwänden, Holzverschlägen und Plastikplanen präsentierten sich die Kunstexponate im besonderen Ambiente der Baustelle in den Neuen Donauhallen und fanden beim Publikum trotz Zugluft viel Zuspruch und Beachtung.
2010 gab sich die Gilde ein neues Gesicht. Sie trat verstärkt nach außen – auf mit neuem Logo, Plakatgestaltung und Info-Folder. Ein erstmaliges Experiment gelang durch die Teilnahme am Herbstfest in Donaueschingen mit einer Kunsttombola. Unter dem Motto „Kunscht zu de Kunscht“ fanden Kunstwerke durch Verlosung neue Besitzer.
2011 stellten sich die Gildianer dem aufregenden Abenteuer, 40 Jahre Vereinsgeschichte zu recherchieren, eine Retro-spektive-Schau auf die Beine zu stellen und ein Buch (Dokumentation) über Historie und Gegenwart zu veröffentlichen.
Donaueschingen, im November 2011